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Geht man von der Theorie der Kulturentstehung Giambattista Vicos oder Herders aus, dann müsste man der Einbildungskraft die absolut vorrangige Erkenntnisleistung zugestehen. »Credunt quod fingunt« heißt es bei Vico, »sie glauben das, was sie sich vorstellen«. Es geht in diesem siebenten STUDIO ELEKTRA darum, die Tragweite dessen, was »Glaube« ist, in vollem Umfang zu zeichnen, um die zeitgenössischen Diskussionen aus ihrer äußersten Verengung herauszuführen.

Man denkt nämlich, wenn man von »Glauben« spricht, sofort an die Religion und verliert damit aus dem Blick, dass der größte Teil urteilender Akte immer Glaubensakte sind, was Platon sehr wohl gesehen hat. Es gibt also keinen Grund, den Glauben zu diskreditieren, ganz im Gegenteil. Es steht die Aufgabe an, zu erkennen, dass der Überschuss an Imagination immer verschenkt zu werden hat bzw. durch geeignete Werbemaßnahmen eingefangen wird. Menschen sind offenbar die Tiere, die immer Glauben zu verschenken haben und äußerst gerne verschenken. Die sogenannte moderne »Bewusstseinsindustrie« (Enzensberger) läuft nicht von ungefähr parallel zu einer Wiedererstarkung der Religion, da ganz offenkundig diese wie auch jene Einrichtungen zur Aufnahme von Glaubensgeschenken sind.